Scheidung und Bankkonten
Wenn ein Ehepaar sich trennt und scheiden läßt, kommt regelmäßig die Frage auf, was mit den gemeinsamen Bankkonten ist. Oft haben die Ehepartner jahrelang in ein gemeinsames Sparkonto eingezahlt bzw. haben ein gemeinsames Girokonto.
Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Problem, wer wann was von welchen Konten abheben darf, solange der Zugewinnausgleich nicht abschließend geregelt ist und geht von dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft aus (wenn also kein anderer Güterstand per Ehevertrag gewählt wurde). Ausdrücklich weise ich daraufhin, daß das Vermögen insgesamt im Rahmen des Zugewinnausgleichs (siehe Menüpunkt Scheidung und Zugewinnausgleich) noch einmal umverteilt werden kann, wenn einer der Eheleute es beantragt.
Bis dahin gelten aber die folgenden Regeln:
Sofern Sie noch kein eigenes Girokonto haben, ist der erste Rat: Eröffnen Sie ab Trennung ein eigenes Girokonto und teilen Sie Ihrem Arbeitgeber mit, daß ab sofort das Gehalt auf das eigene Girokonto überwiesen werden soll. So vermeiden Sie eigenmächtige Abhebungen des anderen Ehepartners, die manchmal nur schwer wiederzuerlangen sind. Inwieweit Sie dann Unterhalt an Ihre Ehefrau / Ehemann oder sich noch an Miete und Kreditraten beteiligen, können Sie dann nach den dafür geltenden Regeln entscheiden und entsprechend überweisen. Das unterliegt dann aber Ihrer Kontrolle.
Generell ist zu unterscheiden zwischen eigenen Konten, sogenannte Einzelkonten, bei denen also nur ein Ehegatte Kontoinhaber ist und Gemeinschaftskonten, bei denen beide Eheleute gemeinsam Kontoinhaber sind. Wer Kontoinhaber ist, steht auf jedem Kontoauszug im Briefkopf und natürlich im Kontovertrag mit der Bank. Wenn man sich unsicher ist, kann man auch einfach bei der Bank fragen.
Einzelkonten
Wenn ein Ehepartner allein bei der Bank als Kontoinhaber geführt wird, ist er auch allein verfügungsbefugt über dieses Geld, das heißt, er kann das Geld abheben, wie er will. Sollte dies zu Ungerechtigkeiten führen, kann ein späterer Ausgleich des gemeinsamen Vermögens im Rahmen des Zugewinnausgleichs stattfinden, sofern ein Ehepartner dies wünscht (siehe oben).
Nur ausnahmsweise hat der andere Ehegatte auch einen Ausgleichsanspruch nach § 430 BGB, wenn er regelmäßig auf das Konto des anderen Ehepartners eingezahlt und gespart hat, um davon gemeinsame Urlaube, Eigenheim, Einrichtungsgegenstände u.ä. zu finanzieren (siehe hierzu: OLG Bremen FamRZ 2006, 1121, 100; BGH FamRZ 2000, 948; OLG Bremen Beschluss vom 4.3.2014 4 UF 181/13).
Hat der andere Ehegatte für dieses Konto Kontovollmacht, gehen die Gerichte davon aus, daß ohne eine besondere Vereinbarung unter den Eheleuten der bevollmächtigte Ehegatte Geld abheben darf für die allgemeinen Lebensbedürfnisse der Familie. Der bevollmächtigte Ehegatte darf aber nicht das ganze Geld abheben vom Konto, daß wäre ein Vollmachtsmißbrauch. Der bevollmächtigte Ehegatte würde sich schadensersatzpflichtig machen, auch hinsichtlich etwaiger Säumnisgebühren für Rückbuchungen von Lastschriften wegen fehlenden Kontoguthabens, Mahngebühren für nicht ausgeführte Überweisungen etc.. Der einfachste Weg, um dies zu verhindern ist, dem anderen Ehegatten ab Trennung die Kontovollmacht zu entziehen. Dies kann jederzeit durch Widerruf der Vollmacht bei der Bank geschehen.
Gerichtsentscheidungen zum Umfang der Kontovollmacht und zu den Folgen eines Vollmachtsmißbrauchs:
OLG Bamberg FamRZ 1991, 1058
OLG Düsseldorf FamRZ 1992, 439
BGH FamRZ 1988, 467
OLG Frankfurt FamRZ 2000, 1215
Gemeinschaftskonten
Bei Gemeinschaftskonten sind „Oder-“Konten und „Und-“ Konten zu unterscheiden. Bei den „Und-“ Konten können die Eheleute im Verhältnis zur Bank nur gemeinsam über das Geld auf dem Konto verfügen. Beim „Oder-“ Konto hat jeder Ehepartner allein eine Verfügungsbefugnis. Ob es sich um ein Oder Konto oder ein Und Konto handelt, kann bei der Bank erfragt werden, ergibt sich aber auch in der Regel aus dem Kontoauszug, auf dem entweder „Frau F und Herr M“ steht oder aber „Frau F oder Herr M“. Die Verfügungsbefugnis ist aber nur relevant im Verhältnis zur Bank, wer also überhaupt Geld abheben kann. Die Verfügungsbefugnis im Verhältnis zur Bank sagt noch nichts darüber aus, wem das Kontoguthaben bei den Gemeinschaftskonten eigentlich im Verhältnis zwischen den Ehepartnern zusteht.
Beispiel:
Auf einem Oder-Konto von Ehepaar M und F befinden sich 10.000 Euro. Jeder hat gegenüber der Bank die Verfügungsbefugnis, die gesamten 10.000 Euro abzuheben. Die Bank kann also nichts dagegen machen, wenn einer der Eheleute die 10.000 Euro abhebt. Das heißt aber noch lange nicht, daß die 10.000 Euro dann auch dem gehören, der sie abhebt. Bei Gemeinschaftskonten geht man grundsätzlich davon aus, daß das Geld auf dem Konto beiden Eheleuten jeweils zur Hälfte gehört. Sollte zwischen Ehemann und Ehefrau eine andere Vereinbarung hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse am Guthaben des Bankkontos getroffen sein bzw. sich durch den Zufluss auf die Konten ergeben oder sich aus den Umständen ergeben (z.B. durch eine kurz vor der Trennung geflossene Erbschaft eines Ehepartners) ist derjenige beweispflichtig, der mehr als die Hälfte haben will. Maßgebend sind juristisch §§ 430, 741 ff. BGB mit den Regeln der Bruchteilsgemeinschaft und Ausgleichsanspruch unter Gesamtgläubigern.
Es besteht ein (gerichtlich durchsetzbarer) Anspruch auf Aufteilung der gemeinsamen Konten auch vor abschließender Regelung des Zugewinnausgleichsanspruchs. Sind die Konten bereits entsprechend aufgeteilt, muß beim abschließenden Zugewinnausgleich jeweils der entsprechende Kontostand in die Zugewinnausgleichsberechnung eingestellt werden (OLG Brandenburg FamRZ 2008, 2036).
Weitere Gerichtsentscheidungen hierzu:
BGH FamRZ 1993, 413
OLG Düsseldorf 1999, 1504
OLG Bremen vom 3.3.2014 Az. 4 UF 181/13 (auch zum Thema Wohnvorteil/Nutzungsentschädigung interessant)
Bausparvertrag:
Sind beide Ehepartner gemeinschaftlich Inhaber eines Bausparkontos, so steht auch beiden gemeinsam das Guthaben auf dem Bausparkonto zu. Die Ehepartner müssen sich dann bei Trennung einigen, ob sie gemeinsam den Bausparvertrag weiter fortführen oder kündigen wollen. Will nur ein Ehepartner allein den Bausparvertrag fortführen, so ist er bezüglich des während der Ehe angesparten Guthabens dem anderen Ehepartner ausgleichspflichtig. Dann sollte er aber auch mit der Bausparkasse veranlassen, daß der Bausparvertrag künftig nur noch auf seinem eigenen Namen lautet, was mit Zustimmung des anderen Ehepartners vertraglich geändert werden kann. Nur so kann sich der weiterführende Ehegatte vor späteren Zugriffen von etwaigen Gläubigern des nicht weiterführenden Ehepartners schützen.
Wertpapiere – Aktien - Depots
Wertpapierdepots funktionieren in der Regel so: Zum einen hat man Wertpapiere gekauft und zum anderen hat man mit der Bank einen Verwahrungsvertrag abgeschlossen, der zum Inhalt hat, daß die Wertpapiere in einem Depot bei der Bank aufbewahrt werden soll. Bei einem Oder -Depot kann jeder Ehepartner im Verhältnis gegenüber der Bank über die Wertpapiere allein verfügen. Das besagt aber noch nichts über die Eigentumsverhältnisse an den Wertpapieren im Depot. Selbst wenn ein Ehepartner gegen den Willen des anderen Ehepartners bzw. ohne dessen Wissen das Depot auf sich allein überträgt, kann er sich anschließend Rückforderungsansprüchen ausgesetzt sehen. Denn das Eigentum an in der Ehe angeschafften Wertpapieren richtet sich immer nach dem konkreten Einzelfall. Die Tatsache des Vorhandenseins eines Oder-Depots begründet eine zumindest schwach ausgeprägte Vermutung dafür, daß eine gleichmäßige Berechtigung (Miteigentum) am Depotinhalt besteht. Wenn ein Ehegatte den gesamten Bestand eines Oder-Depots veräußert und sich den Veräußerungserlös auszahlen läßt, ist er dem anderen Ehegatten in Höhe der Hälfte des Erlöses ausgleichspflichtig, sofern er nicht eine andere Gestaltung des Innverhältnisses darlegt und beweist (so jedenfalls OLG Brandenburg Urteil v. 24.5.2007 Az. 9 U 19/06). Maßgebliche Indizien für das Eigentum an den Wertpapieren sind z.B. , von wem die Mittel für den Ankauf der Papiere stammen, welchem Verwendungszweck sie dienen, wer den Ankauf bzw. Verkauf der Wertpapiere veranlasst hat. Letztendlich werden aber Ungerechtigkeiten, die sich daraus ergeben, über den Zugewinnausgleich bei Scheidung ausgeglichen. Wurde also in einer Ehe von den Eheleuten ein Wertpapierdepot als Oder Depot errichtet und im Anschluss kauft immer nur der Ehemann von seinem Einkommen Wertpapiere, so stehen diese Wertpapiere trotz Oder-Depot im Alleineigentum des Ehemannes, sofern nichts anderes vereinbart wurde. Allerdings kann der einseitige Vermögenszuwachs dann beim Zugewinnausgleich ausgeglichen werden mit der Folge, daß dann die Ehefrau eine Forderung in Geld nach den Regeln des Zugewinnausgleichs gegen ihren Ehemann hat.
Gerichtsentscheidungen hierzu:
BGH FamRZ 1997, 607
OLG Frankfurt FamRZ 2004, 1034
OLG Brandenburg vom 24.5.2007 Az. 9 U 19/06
OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 165
Ich wiederhole noch einmal, daß es hier nur um die Aufteilung der Bankkonten nach Trennung geht und das das Vermögen der Eheleute nach den Regeln Zugewinnausgleichs bei Scheidung noch einmal anders verteilt werden kann. Da dies aber im Streitfall zeitlich erst im Rahmen eines Scheidungsverfahrens bzw. nur im Ausnahmefall durch einen vorzeitigen Zugewinnausgleich erfolgen kann, gibt die Rechtsprechung schon für die Zeit ab Trennung die oben genannten durchsetzbaren Ansprüche auf Aufteilung der Konten.
Die Ausführungen auf dieser Seite ersetzt nicht eine Rechtsberatung im Einzelfall. Durch auch nur minimale Sachverhaltsveränderungen kann sich eine ganz andere rechtliche Bewertung im Einzelfall ergeben. Gern berate ich Sie als Rechtsanwältin zu dem Thema Bankkonten, Vermögen und Scheidung.
Berlin , den 14.11.2022