Kanzlei

Rechtsanwältin Daniela Löhr

Scheidung und gemeinsame Immobilien

Viele Ehepaare haben sich vor oder in ihrer Ehe ein gemeinsames Haus gekauft und dafür einen Kredit aufgenommen. Nach der Trennung muß entschieden werden, was mit dem Haus geschieht. Das ist in erster Linie von den finanziellen Verhältnissen abhängig, aber auch von den Vorstellungen der Eheleute. Im Folgenden zeige ich ein paar Möglichkeiten auf, wie die Eheleute sich (freiwillig) einigen können. Die Ausführungen unterstellen hälftiges Miteigentum der Eheleute. Die Ausführungen gelten auch für Eigentumswohnungen:


Das Haus wird verkauft:

Dies ist rein rechtlich die einfachste Möglichkeit. In der Regel ist es so, gerade wenn noch ein Kredit auf dem Haus lastet, daß sich ein Ehepartner allein das Haus nicht leisten kann. Wenn das Haus verkauft wird, können die Darlehensverbindlichkeiten und Vorfälligkeitsentschädigung vom Erlös getilgt werden und der Restbetrag unter den Ehegatten aufgeteilt werden. Da derzeit die Immobilienpreise hoch sind, bleibt meistens auch nach Tilgung des Kredites noch etwas übrig, so daß jeder Ehepartner einen bestimmten Betrag für den neuen Start übrig hat.



Ein Ehegatte bleibt im Haus, der andere Ehegatte zahlt ihn aus:

Dann müssen sich die Ehepartner über den Kaufpreis einigen und zum Notar gehen, um die Grundstücksübertragung zu veranlassen.

Sollte noch ein Kredit auf dem Haus lasten, so muß mit der Bank gesprochen werden, ob der Ehepartner, der seine Haushälfte verkauft, aus dem Darlehensvertrag entlassen werden kann. Die Banken verlieren ungern einen Darlehensschuldner. Sollte die Bank also damit nicht einverstanden sein, müßte ein Vertrag zwischen den Ehepartnern aufgestellt werden, daß der Ehegatte, der im Haus bleibt, den anderen Ehegatten von den Kreditverbindlichkeiten im Innenverhältnis freistellt, also die Kreditraten im Innenverhältnis allein trägt. Das empfiehlt sich allerdings nur bedingt, denn wenn der eine Ehepartner die Kreditraten - möglicherweise, weil er seine Arbeit verliert oder weil er dauerhaft erkrankt - nicht mehr tragen kann, kann sich die Bank an den Ehepartner halten, der bereits ausgezogen ist, obwohl dieser nicht mehr Eigentümer ist. Dieser hätte dann zwar einen Anspruch auf Erstattung der von ihm gezahlten Kreditraten gegen den anderen Ehepartner, dies kann aber mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein, weil gegebenenfalls die Zwangsversteigerung in das Haus erfolgen muß, wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt - selbst wenn sich der ausziehende Ehepartner zuvor zur Absicherung eine Grundschuld ins Grundbuch hat eintragen lassen.


Spekulationssteuer

Wenn der Hauskauf noch nicht länger als 10 Jahre her ist, besteht die Gefahr. daß bei Verkauf des ganzen Hausgrundstückes oder aber auch bei Übertragung der Miteigentumshälfte an den im Haus verbleibenden Ehepartner Spekulationssteuer anfällt. Und zwar dann, wenn im Jahr des Verkaufs der verkaufende Ehepartner nicht mehr im Haus gewohnt hat. Gesetzesgrundlage ist §§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 S.1 Nr. 1 EStG. So jedenfalls haben das die Finanzgerichte FG München vom 11.3.2021, 11 K 2405/19, und FG Düsseldorf vom 28.4.2021, Az: 2 K 2220/20, entschieden. Gegen die Entscheidung des FG München ist Revision beim Bundesfinanzhof, Az: IX R 11/21, eingelegt worden, die Entscheidung steht dort noch aus.

Dies soll auch bei Veräußerung durch Zwangsversteigerung gelten.

Den Ehepartnern ist daher zu raten, die Veräußerung des Hauses entweder noch im Trennungsjahr vorzunehmen oder die 10 Jahres- Spekulationsfrist abzuwarten. In jedem Fall sollten Betroffene, die bereits Spekulationssteuer zahlen sollen, Einspruch gegen den Bescheid einlegen, damit sie von einer möglicherweise anderslautenden künftigen Entscheidung des Bundesfinanzhofes profitieren können.


Ein Ehepartner bleibt im Haus und zahlt Miete

Gerade wenn Kinder vorhanden sind, wollen die Eheleute, die sich im Guten trennen, das gemeinsame Haus für die Kinder erhalten. Wenn der Ehepartner, meistens ist es ja die Ehefrau, mit den Kindern im Haus bleiben will, und nicht die finanziellen Möglichkeiten hat, den Ehemann auszuzahlen, können die Eheleute einen Mietvertrag untereinander schließen, in dem der Ehemann der Ehefrau seine Haushälfte zu einem bestimmten Mietbetrag vermietet.

Sollte noch ein Kredit für das Haus bestehen, müßte jeder Ehepartner weiterhin die Hälfte des Kredites an die Bank zahlen, denn  jeder Ehepartner bleibt ja in dieser Konstellation hälftiger Eigentümer, solange sich die Ehegatten nicht anders einigen. Sind die Kinder dann irgendwann ausgezogen, kann das gemeinsame Haus verkauft werden und der Erlös unter den Ehegatten geteilt werden. Oder die Ehefrau ist dann in der Lage, den Ehemann auszuzahlen. Oder der Ehemann zieht zurück in das Haus und kauft der Ehefrau das Haus ab. 


Die vorgenannten Möglichkeiten sind nicht abschließend, aber es sind die gebräuchlichsten Lösungsansätze. Beachtet werden muß, falls der Zugewinnausgleich streitig wird, daß im Zugewinnausgleich immer das eingestellt wird, was zum Stichtag war. Waren also zum Stichtag die Ehepartner hälftige Hauseigentümer und das Haus noch nicht verkauft, so wird der Verkehrswert der Grundstückshälften jeweils im Aktivvermögen der Eheleute eingestellt. Bestand noch ein Kredit und beide Eheleute waren Kreditnehmer, so wird der Kredit jeweils zur Hälfte mit aktuellen Darlehensstand in das Passivvermögen der Eheleute eingestellt. Ist das Haus bereits verkauft und das Geld geflossen am Stichtag, so gilt nur noch das Bankguthaben auf dem Konto des jeweiligen Ehegatten als Aktivvermögen. Näheres unter dem Menüpunkt Zugewinnausgleich.


Was passiert, wenn die Ehepartner sich nicht einigen können:


Teilungsversteigerung:

Ab Rechtskraft der Scheidung hat jeder Ehegatte die Möglichkeit, einen Antrag auf Teilungsversteigerung (Zwangsversteigerung) bei Gericht zu stellen. Dann wird das Hausgrundstück an den Meistbietenden verkauft, die Ehepartner können auch mitsteigern.

Theoretisch ist es möglich, den Zwangsversteigerungsantrag auch schon vor Rechtskraft der Scheidung zu stellen, allerdings gibt es im Familienrecht den § 1365 BGB, der besagt, daß ein in Zugewinngemeinschaft lebender Ehegatte die Zustimmung des anderen Ehegatten benötigt, wenn er über sein Vermögen im Ganzen verfügen will. Die Rechtsprechung geht vom Vermögen im Ganzen schon bei einem Vermögensanteil von 90 % aus. Da meistens das gemeinsame Hausgrundstück der Hauptvermögensanteil ist, ist eine Zwangsversteigerung dann nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten möglich.

In bestimmten Fällen gibt es Möglichkeiten, die Teilungsversteigerung zu verhindern, wenn z.B. das Wohl der Kinder dadurch beeinträchtigt werden würde etc.. Das Gericht gibt dem Ehegatten, der nicht die Zwangsversteigerung beantragt hat, Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Die Gründe müssen aber erheblich sein. Die Teilungsversteigerung ist einerseits mit Kosten für das Teilungsversteigerungsverfahren verbunden, andererseits wird meistens ein Verkaufserlös unter dem eigentlichen Marktwert erzielt. Insofern sollte die Teilungsversteigerung die letzte Möglichkeit sein, die in Betracht gezogen wird. 


Zuweisung des Hauses zum Wohnen:

Schon ab Trennung, aber vor Rechtskraft der Scheidung, kann einem der Ehepartner das Hausgrundstück zur alleinigen Nutzung gemäß § 1361 b BGB zugewiesen werden, wenn die Ehepartner sich nicht einigen können und eine unbillige Härte vorliegt . Eine unbillige Härte ist z.B. gegeben bei Gewalttätigkeiten oder aber bei Gefährdung des Kindeswohls, welche schon gegeben sein kann, wenn die Kinder ständig den Streitereien und Spannungen der Eltern ausgesetzt sind.

Ein Antrag kann beim zuständigen Familiengericht gestellt werden, sowohl als Eilantrag als auch als Hauptsacheverfahren. Sind Kinder vorhanden, erhält das Nutzungsrecht in der Regel der Ehepartner, der die gemeinsamen Kinder betreut. Je nach Billigkeit und unter Berücksichtigung von Unterhaltspflichten, kann das Gericht dem im Haus verbleibenden Ehepartner auferlegen, eine Nutzungsvergütung an den anderen Ehepartner für dessen Haushälfte zu zahlen. Die Höhe der Nutzungsvergütung richtet sich bis zu dem Zeitpunkt, an dem mit der Wiederherstellung der Ehe nicht mehr zu rechnen ist, in der Regel dem Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages, nach der Miete, die der verbleibende Ehepartner für eine angemessene Wohnung zahlen würde. Man geht also von der ortsüblichen Miete aus, berechnet aber nicht die tatsächliche Quadratmeterzahl, sondern eine Wohnungsgröße, die der Ehepartner anmieten würde, wenn er kein Haus hätte. Dies hat den Grund, das bis zur Zustellung des Scheidungsantrages das gemeinsame Hausgrundstück noch für eine eventuelle Versöhnung der Eheleute bereit stehen und die Eheleute nicht zum Verkauf gezwungen werden sollen.  Die verbrauchsabhängigen Kosten muß der im Haus verbleibende Ehegatte allein zahlen. Die verbrauchsunabhängigen Kosten müssen die Ehegatten weiterhin entsprechend ihrer Eigentumsanteile zahlen. Das bedeutet, z.B. Grundsteuer und Gebäudeversicherung müssen vom ausziehenden Ehegatten weiterhin mitbezahlt werden. Aufschlussreich betreffend Höhe der Nutzungsvergütung Beschluss des OLG Brandenburg vom 19.2.2013.

Eine Zuweisung des Hausgrundstückes kann auch für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung auf Antrag beim Familiengericht nach § 1568a BGB erfolgen, wenn der Ehepartner, der in dem Haus bleiben will, schutzwürdige Interessen hat, z. B. die Betreuung der gemeinsamen Kinder. Der Antrag kann bereits im Scheidungsverfahren erfolgen. Auch in diesem Fall wird das Gericht dann auf Antrag eine Miete festlegen, die der im Haus verbleibende Ehepartner an den anderen Ehegatten zu zahlen hat. Die Miete richtet sich aber nach der tatsächliche Marktmiete und den tatsächlichen Quadratmeterzahlen, wird allerdings entsprechend der Mieteigentumsanteile der Ehegatten gequotelt. Liegt also die ortsübliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter in der Gegend bei 8 Euro, das Haus hat 150 qm und gehört beiden Ehegatten zur Hälfte, so läge die festzulegende Miete für den weiterhin im Haus wohnenden Ehepartner bei 8 x 150 : 2 = 600 Euro nettokalt. Für die Zahlung der Hauskosten gilt das oben Gesagte.

In beiden Fällen müssen die Ehegatten weiterhin die Kreditraten anteilig tragen.

Dies führt oft bei beengten finanziellen Verhältnissen dazu, daß der Ehegatte, der eigentlich in der Wohnung bleiben möchte, trotz eventuell möglicher Unterhaltsansprüche, das finanziell nicht mehr stemmen kann, weil er dann ja Kreditrate und Miete tragen muß.


Alle Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit Immobilien oder Zuweisung der Ehewohnung können recht kostspielig werden, weil für die Bewertung der Immobilien und auch für die Festlegung der Nutzungsvergütung bzw. Miete bei Streit hierüber durch das Gericht ein Sachverständigengutachten eingeholt werden kann, was letztendlich die Ehegatten zahlen müssen, sofern sie keine Verfahrenskostenhilfe erhalten haben. Gerichtskosten und Anwaltskosten kommen noch hinzu. Insofern empfiehlt es sich, rechtzeitig anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen und gegebenenfalls auch eine vertragliche Regelung vom Rechtsanwalt aufsetzen zu lassen, die dann - falls es das Gesetz verlangt - auch notariell beurkundet werden kann.  


Berlin , den 19.04.2022


 








 
E-Mail
Anruf
Karte
Infos